Kontakt

Steuerrisiken für Unternehmer

23. Oktober 2016

Die Verrechnungssteuer kennt man häufig nur von den jährlichen Zinsabrechnungen auf Bankguthaben. Was jedoch nur Wenige wissen: Diese Steuer fällt auch bei anderen Vorgängen an und kann bei Steuerpflichtigen zu unangenehmen und mitunter hohen finanziellen Belastungen führen. Wer dieses Risiko kennt, kann frühzeitig vorbeugen und unliebsame Überraschungen vermeiden.

Die Verrechnungssteuer (VST) von 35% dient der Eindämmung der Steuerhinterziehung. Sie sichert bei Schweizer Steuerpflichtigen die allgemeine Einkommenssteuer auf Kapitalerträgen wie Zinsen oder Dividenden. Die Verrechnungssteuer wird bei Banken und anderen inländischen Gesellschaften erhoben und später dem ehrlichen Steuerpflichtigen gemäss dessen Angaben in der privaten Steuererklärung zurückerstattet. Wegen des Sicherungszwecks darf die ausschüttende Gesellschaft die VST nicht selber tragen, sondern muss sie zwingend überwälzen. Beschliesst beispielsweise eine Gesellschaft eine Dividende von 100 Franken, so darf dem Aktionär nur 65 Franken ausgeschüttet werden, während 35 Franken als Verrechnungssteuer (= 35%) an die Eidgenössische Steuerverwaltung abgeliefert werden müssen.

Viele Steuerpflichtige sind sich jedoch nicht bewusst, dass neben Dividenden, Sparzinsen und anderen Ausschüttungen auch geldwerte Leistungen Gegenstand der VST sind. Als geldwerte Leistung werden verdeckte Privatbezüge, nicht geschäftsmässig begründete Aufwände (Übernahme von Ferienkosten, private Kleider, Hobbys etc.) oder der Erfolgsrechnung nicht gutgeschriebene Erträge verstanden. Wer dies übersieht, muss mitunter mit kostspieligen Überraschungen rechnen.

Geldwerte Leistungen im Fokus von Kontrollen

Oft geht vergessen, dass die VST eine Selbstdeklarationssteuer ist. Die steuerpflichtige Gesellschaft hat der Eidgenössischen Steuerverwaltung unaufgefordert die vorgeschriebene Abrechnung einzureichen und gleichzeitig die Steuer zu entrichten. Im Zentrum von Kontrollen durch die Steuerbehörden stehen die geldwerten Leistungen (Privatbezüge) an Aktionäre und diesen nahestehende Personen. Da die Verjährungsfrist fünf Jahre beträgt, kann eine Steuerrevision steuerbare Leistungen der vergangenen fünf Kalenderjahre erfassen.

Privatbezüge werden zum Bumerang

Die Auswirkungen der fehlenden Deklaration der Verrechnungssteuer zeigt folgendes Beispiel:

Die Selbstbedienungs AG ist ein florierendes Unternehmen und im Besitz von Herrn Reich. Dieser macht seiner Tochter ein Geschenk: Sie kann von der Selbstbedienungs AG den Geschäftswagen zum Buchwert von CHF 5 000 kaufen, obwohl der Verkehrswert gemäss Euro Tax CHF 45 000 beträgt. Bei einer Steuerrevision wird dieser Verkauf aufgedeckt. Die unterpreisliche Überlassung des Geschäftswagens stellt eine geldwerte Leistung dar. Die Selbstbedienungs AG verzichtet nämlich auf die Erzielung eines Gewinns von CHF 40 000. Aus diesem Grund sind die VST von CHF 14 000 sowie ein Verzugszins geschuldet.

Herr Reich hat seine Aktien an der Selbstbedienungs AG wie üblich in seiner privaten Steuererklärung deklariert. Das Geschenk (geldwerte Leistung) von CHF 40 000 an seine Tochter hat er jedoch nicht als steuerbares Einkommen deklariert. Deshalb fehlt es an der notwendigen ordnungsgemässen Deklaration für die Rückerstattung dieser VST von CHF 14 000. Zudem ist die Rückerstattung verwirkt.

Die aufgezeigte Verrechnungssteuer tritt jedoch nicht an Stelle der Einkommenssteuer: Zusätzlich werden in einem Nachsteuerverfahren die CHF 40 000 bei der Selbstbedienungs AG mit der Gewinnsteuer und bei Herrn Reich mit der Einkommenssteuer erfasst. Die Frage der Mehrwertsteuer und allfällige Strafsteuern stehen ebenfalls noch zur Diskussion.

Zusätzlich Verlust der Rückerstattung

Die Rückerstattung der VST an natürliche Personen setzt voraus, dass diese den verrechnungssteuerpflichtigen Ertrag ordnungsgemäss deklarieren. Diese Deklaration muss mit der privaten Steuererklärung erfolgen. Geldwerte Leistungen werden oftmals nicht deklariert und erst nachträglich anlässlich einer Steuerrevision festgestellt. Da keine ordnungsgemässe Deklaration erfolgt ist, ist das Recht auf Rückerstattung verwirkt. Dadurch wird die 35% VST zur zusätzlichen Steuerbelastung. Angesichts des hohen Steuersatzes und dass die Rückerstattung verwirkt ist, ergibt sich ein sehr hohes Risikopotenzial.

Leistungen von Unternehmen an ihre Anteilsinhaber oder nahestehende Personen kommen im Alltag immer wieder vor. Wichtig ist, dass man bei solchen Geschäftsvorfällen genau hinschaut und sich der allfälligen Auswirkungen auf die Steuerpflicht bewusst ist. Wenn Sie unsicher sind oder Fragen haben, stehen wir Ihnen gerne zur Verfügung.

Heinz Zimmermann, Geschäftsleitung Pinus AG